Zug. Bus. Zug.

Zug. Bus. Zug. Ich ärgere mich fast, dass ich diesmal das günstigere Ticket genommen habe. Ich stehe ungeduldig an der Zugtür. Blicke auf meine Uhr. Mir bleiben gerade mal fünf Minuten um den Anschlusszug zu erreichen. Nicht viel! Vor mir stehen eine Frau und ein Mann. Er schaut sie an: „Müssen Sie auch da und dort hin?“ Sie schaut ihn an und schüttelt nur den Kopf. Ich höre mich plötzlich sagen: „Aber ich!“, nicht sicher, ob er das gehört hat oder ob es ihn oder jemand anders überhaupt interessiert. Er dreht sich um und lächelt. Eis gebrochen und ich bin froh, dass ich nicht allein durch die Gegend hetzen muss. Die nächsten 2 Stunden erfahre ich mehr über ein großartiges Leben, einen faszinierenden Menschen. Er sieht gar nicht so besonders aus. Unauffällig, etwas älter schon. Es fängt auch gar nicht so besonders an. Und doch: ich treffe zum ersten Mal auf jemanden, der ausgestiegen ist. Jemand, der praktisch alles hatte und dennoch entscheidet er sich, seinen extrem gut bezahlten Job und das Leben in Deutschland erst mal hinter sich zu lassen. Er erzählt mir davon, als er mit seiner Frau los ist nach Neuseeland. Und als er damit begonnen hat als Bergführer zu arbeiten. Südamerika, Afrika, viele andere Länder. Davon, dass er im Gran Canyon beinahe von einer Klapperschlange gebissen worden wäre. Dass er einmal mit dem Fahrrad ins Gelände des Weißen Hauses gefahren ist, weil dort gerade das Tor offen stand. Dass er zufällig auf einer Party irgendwo in Südamerika gelandet ist und ihm einer seiner Lieblingssänger dort begegnete und ihm einen Song auf der Gitarre vorspielte. Die Zeit vergeht so schnell, dass es wirklich schade ist nicht noch ein paar Stunden weiter Zug zu fahren.

 

Ich frage ihn, ob er etwas ändern würde, etwas anders machen würde. Er zuckt mit den Schultern und sagt: „Weiß nicht. Nur Kleinigkeiten.“ Wir trinken noch einen Kaffee. Er meint: „Aber ein Smartphone hab ich jetzt. Mit GPS und extra Akku. Damit finde ich nämlich auch im Nebel jede Hütte.“

 

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